Unter dem Titel „DIE BUNTE VIELFALT DES PROTESTANTISMUS“ veranstalteten die Evangelischen Akademien Baden und die Evangelische Akademie Siebenbürgen in Kooperation mit dem Netzwerk der Kirchen im ländlichen Raum in Europa (IRCA-Europe) vom 25. – 27. Mai in Sibiu / Hermannstadt, Rumänien, eine Tagung, die sich mit verschiedenen Strömungen des Protestantismus in Europa auseinandersetzte.

Ziel der Veranstaltung war es, so Akademiestudienleiter und Leiter des Kirchlichen Dienstes auf dem Lande, Hermann Witter einleitend, sich als Christen in Europa an das biblische Fundament der Kirchen der Reformation und an die Geschichte unseres christlichen Glaubens auf diesem Kontinent zu erinnern. Witter, der seit 2012 Vorsitzenden der Vereinigung europäischer Kirchen im ländlichen Raum ist, betonte zugleich, dass es in Hermannstadt nicht nur darum gehen könne, in die Vergangenheit zu schauen, sondern auch danach zu fragen, welchen Beitrag der christliche Glaube zur Bewältigung der europäischen und internationalen Krise und der Krise unserer westlichen Zivilisation leisten kann.
Zukunftsängste und Rechtspopulismus. Witter erinnerte daran, dass beim letzten Treffen vor vier Jahren die europäische Welt noch in Ordnung zu sein schien. Mittlerweile sei weltweit und an den Außengrenzen Europas viel passiert, was verunsichere und verängstige: „Die Krisen dieser Welt sind näher an uns herangerückt und erfordern unsere Haltung, auch und erst recht als Christen.“
Europa habe sich aber auch innenpolitisch verändert. In nahezu allen europäischen Ländern zeigten sich nationalistische und rechtspopulistische Tendenzen, die den Zusammenhalt der Europäischen Union in Frage stellen. In diesen politischen Strömungen drücke sich – so Witter – auch die Unsicherheit der Menschen vor der Zukunft aus. So fragten sich viele Menschen, „wie es weitergehen soll, mit einer Gesellschaft, die sich weltweit vernetzt, die die Produktionskosten durch Rationalisierung und Digitalisierung immer weiter senkt und in der der Mensch nur noch als Kostenfaktor vorkommt.“ Traditionelle Werte, wie sie zum Teil heute noch in großen Teilen des Ländlichen Raumes, ob in Ungarn, Rumänien, Polen oder Westeuropa lebendig sind, hätten in dieser neuen Welt scheinbar keinen Platz mehr. Witter verwies auf die Krise des Milchmarktes in der EU. Diese zeige ganz deutlich, dass unsere Bauern ihre Existenz mit diesen Erzeugerpreisen nicht sichern könnten. Es gebe ein „leises Sterben von Bauernhöfen“. Mit diesem lautlosen Untergang gehe mehr verloren, als nur ein Betrieb der Lebensmittel produziert.
Die Botschaft der Hoffnung. In einer Pressemitteilung zur Tagung wurde darauf hingewiesen, dass der 500. Geburtstag der Reformation eine Gelegenheit sei, zurückzuschauen auf die Geschichte des christlichen Glaubens und seine Bedeutung für das Leben heute. In der Mitteilung heißt es wörtlich: „Die Bibel berichte von den guten Wirkungen des Glaubens an Jesus Christus und die Freiheit, die er schenkt, aber auch die daraus entstehende Verantwortung, der wir uns stellen sollen. Die Botschaft der Hoffnung ist genauso wichtig heute wie damals und richtet sich an alle Menschen egal wer sie sind und wo sie leben“.

Die Referenten auf der IRCA Europa Konferenz reflektierten die Herausforderungen, mit den Europa im 16. Jahrhundert – dem Zeitalter der Reformation – konfrontiert war und wie sich der Glaube damals ausdrückte. Die Wirkung der religiösen Bewegungen wurde vor allem auch von den Landbewohnern gespürt ,der Kampf für Freiheit führte zu zahlreichen Spannungen, auch zur Wanderung und Flucht ganzer Bevölkerungsgruppen. Die ist auch heute noch der Fall. Auch die Botschaft der Bibel ist heute hochaktuell und sie erinnert uns daran, unsere Freiheit zu nutzen einander zu dienen und Wege des friedlichen Miteiander in Gerechtigkeit und Respekt zu finden, Wie das geht, muss im jeweiligen Kontext vor Ort herausgearbeitet werden, aber was uns eint ist die gemeinsame Hoffnung, die in Jesus Christus gründet.
In den Ländern Europas, die auf der Konferenz vertreten waren, ist das Landleben durch zahlreiche Herausforderungen gefährdet ähnlich wie die des 16. Jahrhunderts aber auch durch den demographischen Wandel und ein mangelndes Verständnis der Politiker über die Werte und Prozesse des ländlichen Raums. Die Infrastrukturausstattung des Landes ist gefährdet, was den Zugang zu sozialen und kulturellen Dienstleistungen anbelangt, die in der Stadt weiterhin garantiert sind. Die Konferenzteilnehmer in Sibiu fordern die Politiker dazu auf, die Bedürfnisse des Landes bei der Gestaltung ihrer Politik zu berücksichtigen und bitten die Kirchen die Botschaft der Hoffnung inmitten aller Veränderungen wachzuhalten. IRCA bestätigt damit seine Leidenschaft und den Auftrag die Stimme für die Ungehörten zu sein und ermutigt die Kirchen auf dem Land für diesen Auftrag, der aber auch eine entsprechende Unterstützung und Ausstattung braucht.


REFERNETEN UND VORTRÄGE der IRCA-Tagung in Sibiu / Hermannstadt vom 25. – 27. Mai 2016 (Zum Download die Links unten anklicken):
Hermann Witter - Vizepräsident der IRCA - Begrüßung IRCA Tagung 25.05.2016 Hermannstadt (197 Downloads)Traugott Schächtele - Prälat der Landeskirche in Baden - Die Freiheit eines Christenmenschen - Von der nachhaltigen Wirkung einer wahrhaft revolutionären Schrift Martin Luthers (213 Downloads)
Kato Bela - Die Beziehung zwischen Islam und Reformation im 16. Jahrhundert im Karpatenbecken (217 Downloads)
Lothar Schullerus, Vorsitzender des IRCA – Zur Freiheit berufen – Den laendlichen Raum in Europa gemeinsam gestalten (177 Downloads)
Jerry Marshall. Chairman IRCA / CEO The Arthur Rank Centre: Future Perspectives for the International Rural Church Association (212 Downloads)
Zusammenfassung der Konferenz:
The Colourful Diversity of the Christian Faith - IRCA-Europe Conference, Sibiu 25-27 May 2016 (223 Downloads)Kurzberichte aus den teilnehmenden Ländern - IRCA-Europe Conference, Sibiu 25-27 May 2016 (200 Downloads)